10 Jahre PRO·GRESS – Eine nützliche Geschichte

von Dr. Ronald Kosellek, ehemals PRO∙NON-Praxis in Berlin

Mit Blick auf die Geschichte unserer Fort- und Weiterbildungsreihe PRO·GRESS kommen wir um eine Zeitreise zurück in das Jahr 1994 nicht herum: Eine erkennbare Zahl niedergelassener Diplom-Psychologen bot seinerzeit bundesweit verkehrspsychologische Beratung und Therapie in Einzelsitzungen an. Es bestanden erste Kontakte der Kollegen zueinander, teils spontan und abhängig vom aktuellen Bedarf, teils intensiver und auf langfristige Kooperation orientiert.

Unsere Vereinsgründung im Jahr 1994 diente der letztgenannten Zielstellung.

Unmittelbare Folge davon war, die gemeinsame berufliche Fortbildung in Angriff zu nehmen. Das Arbeitsfeld des Verkehrspsychologen (seit 1999 als Berufsbezeichnung verbrieft) ist interdisziplinär veranlagt. Nicht nur die Grenzbereiche zur Medizin und zu den juristisch-verwaltungsrechtlichen Rahmenbedingungen bestehen. Auch Berührungspunkte zur (präventiven) Verkehrssicherheits- arbeit sind zu berücksichtigen. Und nicht zuletzt verlangen die Besonderheiten der verkehrspsy- chologischen Intervention Beachtung, weswegen eine einfache Reproduktion des Wissens aus dem Bereich der verkehrspsychologischen Begutachtung nicht ausreichend war und ist.
Vor diesem Hintergrund entschlossen wir uns, eine Fortbildungsreihe mit dem Namen PRO·GRESS ins Leben zu rufen, welche der Bezeichnung nach eine Anleihe aus unserem Namen PRO·NON enthält und sich mit einem Seitenblick auf KON·GRESS versteht.

In den Jahren 1994 bis 1995 standen zunächst Themen im Vordergrund, welche das unmittelbare Interesse der PRO·NON-Mitglieder
widerspiegelten, z.B.:Traditionelle und neue Ansätze zur Diagnostik und Differentialdiagnostik des Alkoholismus“ (Dr. J. Roth, Dresden) oder: „Neue Aspekte der Fahreignung alkoholauffälliger Kraftfahrer“ (Dr. W. Schubert, Berlin; Prof. Dr. H. Schütz, Giessen; Dr. Meyer-Gramcko, Braunschweig; RA Bücker, Wesel und Dr. Schade, Flensburg).

Mit dem PRO·GRESS 5 (1996)Präventive Vorgehensweisen gegenüber Kraftfahrern zur Vermeidung alkoholisierter Fahrten“ (Referenten des DVR, Berlin) fand diese Phase ihren Abschluss, weil inzwischen das Interesse an der Teilnahme von PsychologInnen aus Gutachtenstellen, von Verkehrsrechtsanwälten und auch aus verschiedenen Führerscheinstellen spürbar zugenommen hatte.
Mit dem PRO·GRESS 6 im Jahr 1996: Einblicke: Inhalte verkehrspsychologischer Tätigkeit und deren Grenzbereiche öffneten wir uns thematisch und konnten Referenten aus unterschiedlichen Bereichen gewinnen (zur Therapie des Alkoholismus, zur Verkehrssicherheitsarbeit, zu strafrechtlichen Fragestellungen, zu Aufgaben des Verkehrsanwaltes). Diese Themen verknüpften wir mit Berichten zu Inhalten Verkehrspsychologischer Therapie und Forschung. Zeitgleich wurde es immer selbstverständlicher, einen größer werdenden Zuhörerkreis in eine angeregte Diskussion mit den Referenten einzubinden.
Der PRO·GRESS 7 befasste sich dann in zwei Teilen mit dem Thema Rückfall: Der Rückfall aus suchttherapeutischer Sicht“ (Prof. Dr. J. Körkel, Nürnberg) und Der Rückfall aus verkehrspsychologischer Sicht“ (Prof. Dr. Stephan, Köln).
In den Jahren 1998 und 1999 wurde den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung getragen. Der PRO·GRESS 8 hatte die neuen Begutachtungsleitlinien zum Gegenstand: Klienten vor der Medizinisch-Psychologischen Begutachtung richtig und erfolgreich beraten“ (Prof. Dr. Stephan, Köln) und unser PRO·GRESS 9 widerspiegelte Erfahrungen mit der neuen Fahrerlaubnisverordnung aus juristischer und verwaltungsrechtlicher Sicht“ (RA Dr. K. Himmelreich und RA Bücken, Köln und Frau Kinzel, Straßenverkehrsamt Mettmann).
Auch die beiden nachfolgenden Veranstaltungen nahmen ein aktuelles Thema der Verkehrssicherheit auf: Der PRO·GRESS 10 im Jahr 2000 zuDrogen und Verkehrssicherheit und PRO·GRESS 11 von 2001 und seiner Fortsetzung Drogen und Verkehrssicherheit (Empirische Untersuchungen und Praktische Erfahrungen). Beide Veranstaltungen waren durch sehr engagierte Vorträge der Referenten aus den Bereichen Medizin, Neurobiologische Forschung, Verkehrsrecht, Polizeiliche Ermittlung, Verkehrspsychologische Forschung und Verkehrspsychologische Therapie gekennzeichnet. Die Diskussion mündete in Empfehlungen an die politischen Entscheidungsträger. Durch die Veröffentlichung der Referate in der Zeitschrift BLUTALKOHOL, die uns durch deren Redaktion dankenswerter Weise ermöglicht wurde, konnten wir eine weite Öffentlichkeit erreichen. Die jüngste Veranstaltung in unserer Reihe war dem Thema Punktesammeln in Flensburg – der ganz normale Wahnsinn? gewidmet. Dieses unseres Erachtens zu Unrecht bislang stiefmütterlich behandelte Thema wurde in Potsdam aus unterschiedlicher Sicht und erstmalig mit internationaler Beteiligung beleuchtet. Nachdem Herr Staatssekretär C. Appel (Potsdam) die Zielstellungen aus dem Entwurf des neuen Verkehrssicherheitsprogramms des Landes Brandenburg erläutert hatte, kamen neue Forschungsergebnisse zu Jungen Kraftfahrern (Dr. Sturzbecher, Potsdam), Betrachtungen zum Straßenverkehr als System (Dr. Risser, Wien) und Berichte zur Verkehrspsychologischen Arbeit mit Punktetätern (Dr. Hellwig, PRO·NON Essen; DP Vetter PRO·NON München) zum Vortrag.

Die Bilanz aus 10 Jahren PRO·GRESS liest sich in Zahlen folgendermaßen:
37 Referenten bildeten in 12 meist eintägigen Veranstaltungen über 300 Teilnehmer mit ihren thematischen Ausführungen. Aus drei Ministerien erreichten uns Grußworte nachdem die jeweiligen Minister der Landes-Verkehrsministerien die Schirmherrschaft übernommen hatten. Der Sektionsvorstand VERKEHRSPSYCHOLOGIE im Bund Deutscher Psychologen (BDP) entschied wiederholt, die Inhalte des jeweiligen PRO·GRESS für die notwendige Fortbildung der "Fachpsychologen für Verkehrspsychologie des BDP" und für die des "Amtlich anerkannten Verkehrspsychologischen Beraters" anzuerkennen.
Jetzt, da Sie diese erfreuliche Bilanz lesen, darf ich Sie bereits davon in Kenntnis setzen, dass unsere Veranstaltungsreihe PRO·GRESS fortgesetzt wird.